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Zähne

Beißerchen, Reißer und Mahlwerke: Ein tiefer Einblick in das Gebiss deines Hundes

Hast du dich jemals gefragt, was genau in dem Maul deines Hundes vor sich geht, wenn er genüsslich auf seinem Kauknochen nagt, sein Futter verschlingt oder dir freudig sein Spielzeug bringt? Das Gebiss eines Hundes ist weit mehr als nur eine Reihe spitzer Zähne. Es ist ein hochspezialisiertes Werkzeug, perfekt von der Natur geformt für seine ursprünglichen Aufgaben als Jäger und Fleischfresser. Lass uns gemeinsam eine Reise in die faszinierende Welt des Hundegebisses unternehmen und entdecken, wie es aufgebaut ist und welche beeindruckenden Funktionen es erfüllt.
Eine Darstellung von Beißerchen, Reißer und Mahlwerke: Ein tiefer Einblick in das Gebiss deines Hundes

Vom zahnlosen Welpen zum kraftvollen Raubtiergebiss

Ein Hundewelpe kommt, genau wie ein menschliches Baby, völlig zahnlos zur Welt. In den ersten Lebenswochen ist er auf die Muttermilch angewiesen und benötigt noch keine Zähne. Doch das ändert sich schnell.

Das Milchgebiss: Die ersten kleinen Helfer

Etwa ab der dritten Lebenswoche beginnen die ersten Milchzähne durch das Zahnfleisch zu blitzen. Dieses erste Gebiss, auch Milchgebiss genannt, ist mit insgesamt 28 Zähnen komplett. Es besteht pro Kieferhälfte aus:

  • drei Schneidezähnen (Incisivi)

  • einem Eck- oder Fangzahn (Caninus)

  • drei vorderen Backenzähnen (Prämolaren)

Die Milchzähne sind deutlich spitzer und zarter als das spätere bleibende Gebiss. Sie dienen dem Welpen nicht nur zur Aufnahme von festerer Nahrung, sondern sind auch ein wichtiges Werkzeug, um die Welt zu erkunden und im Spiel mit den Geschwistern die Beißhemmung zu erlernen. Molaren, also die hinteren, kräftigen Backenzähne, fehlen im Milchgebiss noch gänzlich.

Der Zahnwechsel: Ein wichtiger Meilenstein

Zwischen dem vierten und siebten Lebensmonat findet ein entscheidender Entwicklungsschritt statt: der Zahnwechsel. In dieser Phase fallen die Milchzähne nach und nach aus und machen Platz für das bleibende Gebiss. Die Wurzeln der Milchzähne werden dabei vom Körper aufgelöst, sodass sie leicht ausfallen können. Oftmals verschlucken die Welpen ihre ausgefallenen Milchzähne, weshalb du diesen Prozess vielleicht gar nicht so bewusst mitbekommst.

Dieser Zeitraum kann für den jungen Hund unangenehm sein. Das Zahnfleisch kann jucken oder schmerzen, was sich durch vermehrtes Kauen auf Gegenständen, Unruhe oder auch mal durch Appetitlosigkeit äußern kann. Weiches Kauspielzeug kann hier Linderung verschaffen.

Das bleibende Gebiss: 42 Werkzeuge für alle Fälle

Ist der Zahnwechsel abgeschlossen, verfügt der erwachsene Hund über ein beeindruckendes Gebiss mit insgesamt 42 Zähnen – zehn mehr als ein erwachsener Mensch. Dieses Gebiss ist perfekt auf die Bedürfnisse eines Karnivoren (Fleischfressers) bzw. Omnivoren (Allesfressers), wie es unsere heutigen Haushunde meist sind, abgestimmt.

Die Verteilung der Zähne im Ober- und Unterkiefer ist dabei nicht ganz symmetrisch:

  • Oberkiefer: 20 Zähne (pro Seite: 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 4 vordere Backenzähne und 2 hintere Backenzähne)

  • Unterkiefer: 22 Zähne (pro Seite: 3 Schneidezähne, 1 Eckzahn, 4 vordere Backenzähne und 3 hintere Backenzähne)

Jede Zahnart hat dabei ihre ganz spezielle Aufgabe.

Die Zahnformel des erwachsenen Hundes

In der Tiermedizin wird der Aufbau des Gebisses mit einer Zahnformel dargestellt. Für das bleibende Gebiss des Hundes lautet sie pro Kieferhälfte:

3I,1C,4P,3M3I,1C,4P,2M​×2=42

  • I: Incisivi (Schneidezähne)

  • C: Canini (Eckzähne)

  • P: Prämolaren (vordere Backenzähne)

  • M: Molaren (hintere Backenzähne)

Die Spezialisten im Maul: Die verschiedenen Zahnarten und ihre Funktionen

Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die einzelnen "Werkzeuge" im Maul deines Hundes.

  • Die Schneidezähne (Incisivi): Ganz vorne im Gebiss sitzen die zwölf kleinen, meißelförmigen Schneidezähne. Mit ihnen kann der Hund Fleischreste von Knochen schaben oder sich bei der Fellpflege von lästigen Parasiten befreien. Sie sind auch die Zähne, die er zum Knabbern und zur feinen Bearbeitung von Gegenständen nutzt.

  • Die Eck- oder Fangzähne (Canini): Die vier langen, spitzen und leicht gebogenen Eckzähne sind wohl die imposantesten Zähne im Hundegebiss. Sie dienen, wie der Name "Fangzahn" schon sagt, dem Fangen, Packen und Festhalten der Beute. Beim Spiel mit einem Tau oder einem Ball kommen sie ebenfalls prominent zum Einsatz, um das Spielzeug fest im Griff zu haben. Ihre langen Wurzeln sorgen für eine feste Verankerung im Kiefer.

  • Die vorderen Backenzähne (Prämolaren): Hinter den Eckzähnen folgen die 16 Prämolaren. Sie haben scharfe Kanten und spitze Höcker und eignen sich hervorragend zum Zerreißen und Zerkleinern von Fleisch und zum Knacken von kleineren Knochen. Wenn du deinen Hund dabei beobachtest, wie er seitlich kaut, dann benutzt er genau diese Zähne.

  • Die Reißzähne (P4/M1):Eine Besonderheit im Raubtiergebiss sind die sogenannten Reißzähne. Dabei handelt es sich um den vierten Prämolar im Oberkiefer (P4) und den ersten Molar im Unterkiefer (M1). Diese beiden Zähne treffen beim Schließen des Mauls wie die Klingen einer Schere aufeinander. Dieses "Scherengebiss" ermöglicht es dem Hund, Fleischstücke und Sehnen mühelos zu durchtrennen.

  • Die hinteren Backenzähne (Molaren): Ganz hinten im Kiefer sitzen die zehn (Oberkiefer: 4, Unterkiefer: 6) kräftigen Molaren. Mit ihren breiteren Kauflächen dienen sie dem Zermahlen und Zerquetschen von härterer Nahrung wie Trockenfutter oder Knochen.

Der Aufbau eines einzelnen Zahnes

Jeder einzelne Zahn, egal ob Schneide- oder Backenzahn, ist im Grunde gleich aufgebaut:

  • Zahnkrone: Der sichtbare Teil des Zahnes, der aus dem Zahnfleisch ragt.

  • Zahnhals: Der Übergang von der Krone zur Wurzel, der vom Zahnfleisch umschlossen wird.

  • Zahnwurzel: Der Teil des Zahnes, der fest im Kieferknochen verankert ist. Je nach Zahnart kann ein Hundezahn eine, zwei oder sogar drei Wurzeln haben.

  • Zahnschmelz: Die äußere, extrem harte und schützende Schicht der Zahnkrone. Er ist die härteste Substanz im Körper des Hundes.

  • Dentin (Zahnbein): Die Hauptmasse des Zahnes, die unter dem Zahnschmelz liegt. Es ist nicht ganz so hart wie der Schmelz und wird von feinen Nervenkanälchen durchzogen, weshalb es schmerzempfindlich ist.

  • Pulpa (Zahnmark): Das Innere des Zahnes. Hier befinden sich Nerven und Blutgefäße, die den Zahn versorgen und am Leben erhalten.

Gebissformen: Nicht jeder Hund ist gleich

Durch die Zucht haben sich bei verschiedenen Hunderassen unterschiedliche Kiefer- und Gebissformen entwickelt.

  • Scherengebiss: Dies ist die ursprüngliche und bei den meisten Rassen standardmäßig geforderte Gebissform. Die oberen Schneidezähne greifen dabei wie bei einer Schere knapp vor die unteren.

  • Zangengebiss: Hier treffen die Schneidekanten der oberen und unteren Schneidezähne direkt aufeinander. Dies kann zu einer stärkeren Abnutzung führen.

  • Vorbiss (Brachygnathia superior): Der Unterkiefer ist länger als der Oberkiefer, wodurch die unteren Schneidezähne vor den oberen stehen. Dies ist ein Rassemerkmal bei kurzköpfigen (brachyzephalen) Rassen wie dem Boxer oder der Französischen Bulldogge.

  • Rückbiss (Brachygnathia inferior): Der Unterkiefer ist kürzer als der Oberkiefer. Dies stellt in der Regel einen Zuchtfehler dar und kann dem Hund Probleme bei der Nahrungsaufnahme bereiten.

Das Gebiss deines Hundes ist ein wahres Meisterwerk der Natur. Seine Pflege ist entscheidend für die Gesundheit und das Wohlbefinden deines vierbeinigen Freundes. Regelmäßige Kontrollen und eine gute Zahnhygiene helfen dabei, dieses wertvolle Werkzeug ein Hundeleben lang funktionstüchtig zu halten.

Wie sieht es bei deinem Hund aus? 

Hast du den Zahnwechsel bewusst miterlebt oder vielleicht sogar einen Milchzahn als Andenken behalten? Erzähl mir doch in den Kommentaren von deinen Erfahrungen!