Ein Hund hat mich gebissen – was nun? Dein Leitfaden für den Ernstfall

Der erste Schock: Sofortmaßnahmen nach dem Biss
Egal ob du von einem fremden oder einem bekannten Hund gebissen wurdest, der erste Moment ist oft geprägt von Schock und Unsicherheit. Wie stark ist die Verletzung? Was muss ich tun? Hier ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, um sicherzustellen, dass du schnell und richtig handelst.
Ruhe bewahren und die Situation einschätzen
Auch wenn es leichter gesagt als getan ist: Versuche, so ruhig wie möglich zu bleiben. Der Adrenalinschub nach einem Biss kann es schwierig machen, die Schwere der Verletzung sofort einzuschätzen. Atme tief durch und nimm dir einen Moment, um die Situation zu überblicken. Ist der Hund noch in der Nähe? Bist du in Sicherheit? Stelle sicher, dass du dich von dem Hund entfernst und er nicht erneut angreifen kann.
Wunde begutachten
Nachdem du dich in Sicherheit gebracht hast, ist es wichtig, die Wunde genau anzusehen. Hundefälle reichen von leichten Kratzern bis hin zu tiefen Fleischwunden. Untersuche die Verletzung, um festzustellen, wie ernst sie ist:
- Leichte Bissverletzungen: Kratzer oder kleine Löcher, die nicht stark bluten.
- Mittlere Bissverletzungen: Offene Wunden, die bluten, aber keine tiefen Gewebeschäden aufweisen.
- Schwere Bissverletzungen: Tiefe Wunden, starke Blutungen, eventuell sichtbare Knochen oder Sehnen.
Erste Hilfe leisten
Je nach Schwere des Bisses musst du unterschiedlich vorgehen. Hier einige grundlegende Erste-Hilfe-Maßnahmen:
- Leichte Bisse: Reinige die Wunde sofort gründlich mit Wasser und Seife. Desinfiziere sie danach mit einem antiseptischen Mittel, um Infektionen vorzubeugen. Anschließend kannst du die Wunde mit einem sterilen Verband oder Pflaster abdecken.
- Tiefere Bisse: Bei tieferen Wunden solltest du die Blutung durch Druckstillung mit einem sauberen Tuch oder einer Mullbinde stoppen. Desinfiziere die Wunde vorsichtig, aber vermeide es, zu tief in die Wunde zu reinigen, um Gewebe nicht weiter zu schädigen. Verbanne die Wunde locker und suche schnellstmöglich einen Arzt auf.
- Starke Blutungen oder Schockzustand: Falls die Blutung nicht zu stoppen ist oder du das Gefühl hast, in einen Schockzustand zu geraten (kalter Schweiß, Zittern, schneller Puls), solltest du sofort den Notruf (112) wählen und auf professionelle Hilfe warten.
Warum der Gang zum Arzt wichtig ist
Viele Menschen unterschätzen Hundeangriffe und behandeln Bisswunden zu Hause. Doch selbst kleinere Wunden können gefährlich sein. Hier erfährst du, warum ein Arztbesuch nach einem Hundebiss oft unverzichtbar ist.
Infektionsrisiko
Die Maulflora von Hunden enthält zahlreiche Bakterien, die in eine Wunde gelangen können. Besonders gefährlich sind:
- Pasteurella: Ein häufiges Bakterium, das Rötungen, Schwellungen und in schlimmen Fällen schwere Infektionen verursachen kann.
- Staphylokokken und Streptokokken: Diese Bakterien können Wundinfektionen hervorrufen, die unbehandelt zu schwerwiegenden Komplikationen wie Blutvergiftungen führen können.
Ein Arzt kann beurteilen, ob eine präventive Antibiotika-Behandlung notwendig ist, um eine Infektion zu verhindern. Besonders bei tieferen Wunden oder Bissen im Gesichtsbereich ist dies dringend zu empfehlen.
Tetanusgefahr
Ein Hundebiss kann das Risiko einer Tetanusinfektion erhöhen. Wenn du nicht sicher bist, wann deine letzte Tetanus-Impfung war, solltest du deinen Impfschutz überprüfen lassen. Falls die letzte Impfung mehr als zehn Jahre zurückliegt, wird der Arzt in der Regel eine Auffrischungsimpfung vornehmen.
Tollwut
Obwohl Tollwut in Deutschland durch Impfprogramme bei Haustieren weitgehend unter Kontrolle ist, kommt es in seltenen Fällen immer noch zu Infektionen durch wilde Tiere, die Hunde angreifen. Wurde der Biss von einem streunenden oder unbekannten Hund verursacht, solltest du die Tollwutgefahr unbedingt abklären lassen. In solch einem Fall kann eine prophylaktische Impfung notwendig werden.
Der rechtliche Aspekt: Wer haftet?
Nach einem Hundebiss stellt sich schnell die Frage nach der Haftung. Wer trägt die Kosten für die Behandlung? Und was, wenn der Biss zu dauerhaften Schäden führt?
Hundehalterhaftung
In Deutschland regelt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) die sogenannte Tierhalterhaftung. Das bedeutet, dass der Halter des Hundes grundsätzlich für den Schaden aufkommen muss, den sein Tier verursacht – unabhängig davon, ob der Hund zuvor als aggressiv aufgefallen ist oder nicht.
Wichtig ist jedoch, dass du nachweisen kannst, dass der Hund den Schaden verursacht hat. Idealerweise dokumentierst du die Verletzung, machst Fotos und sicherst dir, wenn möglich, die Kontaktdaten von Zeugen.
Hundehaftpflichtversicherung
Viele Hundehalter haben eine Hundehaftpflichtversicherung, die in solchen Fällen einspringt und für die entstandenen Kosten aufkommt. Sollte der Hundehalter diese Versicherung haben, kann es einfacher sein, die medizinischen Behandlungskosten und eventuell auch Schmerzensgeld einzufordern. Auch hier gilt: Halte die Wunde und die Umstände des Bisses so genau wie möglich fest.
Meldepflicht
Wurdest du von einem fremden Hund gebissen, ist es ratsam, den Vorfall dem Ordnungsamt oder der Polizei zu melden, insbesondere wenn der Hund aggressiv war. In manchen Bundesländern besteht sogar eine gesetzliche Meldepflicht bei Hundebissen. Diese dient nicht nur deiner eigenen Sicherheit, sondern auch der anderer Personen, die möglicherweise zukünftig gefährdet sein könnten.
Verhalten des Hundes verstehen: Warum beißen Hunde?
Hunde sind in der Regel keine aggressiven Tiere. In den meisten Fällen gibt es Gründe für das Verhalten, die nicht sofort erkennbar sind. Ein besseres Verständnis dafür, warum ein Hund gebissen hat, kann helfen, zukünftige Vorfälle zu vermeiden.
Angst und Unsicherheit
Viele Hunde beißen aus Angst oder Unsicherheit. Wenn sich ein Hund bedroht fühlt, kann er durch das Beißen versuchen, sich zu verteidigen. Dies passiert häufig bei Hunden, die schlecht sozialisiert sind oder schlechte Erfahrungen gemacht haben.
Territorialverhalten
Manche Hunde verteidigen ihr Territorium, wenn sie glauben, dass ein Eindringling es betritt – sei es ein fremder Mensch oder ein anderer Hund. Diese Art von Verhalten ist bei Rassen, die zum Schutz gezüchtet wurden, häufiger zu beobachten.
Schmerz
Auch ein sonst friedlicher Hund kann beißen, wenn er Schmerzen hat. Falls du versuchst, einen verletzten Hund anzufassen, ohne dass er es möchte, kann er aus Reflex zubeißen.
Erziehungsfehler
Leider gibt es auch Hunde, die nie gelernt haben, dass Beißen unerwünscht ist. In solchen Fällen liegt das Problem meist bei der Erziehung durch den Halter. Ein Hund, der schon im Welpenalter nicht gelernt hat, seine Zähne zurückzuhalten, kann als erwachsener Hund gefährlich werden.
Vorbeugung: So vermeidest du Hundebisse
Auch wenn Hundebisse nicht immer vorhersehbar sind, gibt es einige Maßnahmen, die du ergreifen kannst, um das Risiko zu minimieren.
Umgang mit fremden Hunden
- Nicht direkt anschauen: Direkter Blickkontakt kann für Hunde eine Bedrohung darstellen. Versuche, den Hund nicht direkt anzustarren.
- Körperhaltung beachten: Wenn du auf einen unbekannten Hund triffst, halte dich ruhig und vermeide hektische Bewegungen.
- Den Hund nicht bedrängen: Gib dem Hund Raum. Versuche nicht, ihn sofort zu streicheln oder auf ihn zuzugehen, bevor du einschätzen kannst, wie er reagiert.
Hunde richtig erziehen
Falls du selbst einen Hund besitzt, ist die richtige Erziehung der Schlüssel, um aggressive Verhaltensweisen zu verhindern. Ein gut sozialisierter Hund, der weiß, wie er sich in verschiedenen Situationen zu verhalten hat, beißt in der Regel nicht. Solltest du Schwierigkeiten bei der Erziehung deines Hundes haben, kann ein Hundetrainer helfen, unerwünschtes Verhalten zu korrigieren.
Sicher und informiert handeln
Ein Hundebiss kann ernsthafte gesundheitliche und rechtliche Folgen haben. Wichtig ist, dass du die Situation sofort richtig einschätzt, die Wunde versorgst und gegebenenfalls medizinische Hilfe suchst. Zudem sollte geklärt werden, wer für den Schaden haftet. Am Ende zählt jedoch auch, aus dem Vorfall zu lernen und zukünftige Bissverletzungen durch ein besseres Verständnis von Hundeverhalten und geeignete Vorsichtsmaßnahmen zu vermeiden.
Bleib achtsam und respektvoll im Umgang mit Hunden – so kannst du solche Vorfälle in den meisten Fällen vermeiden!