Straßenhunde in Italien – Wie das Land mit herrenlosen Hunden umgeht
Italien ist ein Land, das für seine Kultur, das gute Essen und wunderschöne Landschaften bekannt ist – aber auch ein Land, das mit einem anhaltenden Problem kämpft: Straßenhunde. Besonders in südlichen Regionen wie Sizilien, Kalabrien oder Apulien streunen viele Hunde durch die Städte und Dörfer. Doch wie ist die Situation wirklich? Gibt es viele Tierheime? Wie geht der Staat mit dem Problem um? Und was kannst du selbst tun, wenn du in Italien einem Straßenhund begegnest?
In diesem Artikel findest du einen detaillierten Einblick in die Lage der Straßenhunde in Italien, wie Behörden und Tierschützer damit umgehen, und welche Herausforderungen bestehen.
Wie viele Straßenhunde gibt es in Italien?
Die genaue Zahl ist schwer zu ermitteln, denn es gibt keine umfassende und zentrale Zählung aller Straßenhunde in Italien. Schätzungen zufolge leben jedoch rund 600.000 streunende Hunde im Land – vor allem im Süden. In ländlichen Gebieten und kleineren Ortschaften ist es keine Seltenheit, mehrere herrenlose Hunde gleichzeitig anzutreffen. In Großstädten wie Rom oder Mailand ist das Problem zwar ebenfalls vorhanden, aber dort wird intensiver kontrolliert und reguliert.
Ein großer Teil der Straßenhunde in Italien sind sogenannte „Randagi“, also Hunde ohne Besitzer, die auf der Straße leben. Viele von ihnen wurden ausgesetzt oder stammen aus unkontrollierter Vermehrung. Es gibt aber auch „Freigänger“, die zwar auf der Straße leben, aber von Anwohnern regelmäßig gefüttert werden – ohne dass es eine offizielle Verantwortung gibt.
Regionale Unterschiede – Nord vs. Süd
Ein zentrales Merkmal der Straßenhundproblematik in Italien ist der starke regionale Unterschied. Während der Norden Italiens (z. B. Lombardei, Venetien, Emilia-Romagna) deutlich besser organisiert ist und mehr finanzielle Mittel für Tierschutz bereitstellt, sieht es im Süden oft ganz anders aus.
Im Süden sind viele Kommunen unterfinanziert, es fehlt an Tierärzten, kontrollierten Kastrationsprogrammen und funktionierenden Tierheimen. Gleichzeitig ist das Bewusstsein für Tierschutz dort oft weniger ausgeprägt. Zwar engagieren sich viele Freiwillige vor Ort, aber staatliche Unterstützung ist häufig minimal oder lückenhaft.
Besonders auf Sizilien und in Kalabrien sieht man regelmäßig Hunde, die in Rudeln leben. Diese Hunde können teilweise verwildert und misstrauisch gegenüber Menschen sein. Manche Rudel sind territorial, andere scheinen sich an den Menschen gewöhnt zu haben und leben halbwegs friedlich in der Nähe von Siedlungen.
Tierheime in Italien – Zwischen Hilfe und Überforderung
Es gibt in Italien sowohl staatliche als auch private Tierheime. Sie heißen auf Italienisch „canili“ (Einzahl: canile). Viele davon sind in einem schwierigen Zustand, was vor allem auf Überbelegung, schlechte finanzielle Ausstattung und Personalmangel zurückzuführen ist.
Ein zentrales Problem ist: Sobald ein Hund in einem staatlichen Tierheim landet, bleibt er dort oft für den Rest seines Lebens. Die italienische Gesetzgebung verbietet das Töten gesunder Tiere. Das klingt auf den ersten Blick tierfreundlich – führt aber in der Praxis dazu, dass viele Tierheime überfüllt sind und kaum Platz für neue Notfälle haben. Hunde, die einmal aufgenommen wurden, werden selten vermittelt, weil es schlicht zu viele sind und kaum jemand im Inland adoptiert.
Private Tierheime und Tierschutzvereine versuchen, durch Vermittlung ins Ausland Abhilfe zu schaffen – unter anderem auch nach Deutschland, Österreich oder die Schweiz. Diese Tierschutzarbeit ist allerdings aufwändig und kostet viel Geld. Ohne ehrenamtliche Helfer wäre sie kaum möglich.
Warum gibt es so viele Straßenhunde?
Die Ursachen für das Straßenhundeproblem in Italien sind vielfältig:
- Unkontrollierte Vermehrung: Viele Hunde werden nicht kastriert. Besonders in ländlichen Gebieten wird das Thema oft ignoriert.
- Aussetzungen: Es kommt häufig vor, dass Hunde vor dem Urlaub oder bei finanziellen Engpässen einfach ausgesetzt werden. Das betrifft auch viele Jagdhunde, die nach der Saison als „nutzlos“ gelten.
- Fehlende Aufklärung: In manchen Regionen fehlt es an Aufklärungskampagnen über die Verantwortung von Tierhaltung.
- Korruption und Missmanagement: Leider gibt es auch Vorwürfe, dass bestimmte Betreiber von Tierheimen absichtlich Hunde nicht vermitteln, weil sie pro Tier von der Gemeinde Geld bekommen – je länger ein Hund im Heim bleibt, desto lukrativer ist das.
- Mangelnde Kontrolle: Viele Hunde leben „halb wild“, ohne jemals registriert worden zu sein. Auch das Chippen und Registrieren ist nicht konsequent durchgesetzt.
Der rechtliche Rahmen
Italien hat durchaus Gesetze zum Tierschutz. 1991 wurde ein nationales Gesetz erlassen (Gesetz Nr. 281), das die Rechte von Haustieren stärkt. Darin steht unter anderem:
- Straßenhunde dürfen nicht getötet werden, es sei denn, sie sind schwer krank oder eine akute Gefahr für die Öffentlichkeit.
- Die Gemeinden sind verpflichtet, Tierheime einzurichten und sich um die Tiere zu kümmern.
- Die Kastration streunender Hunde ist gesetzlich vorgesehen, um die Population zu kontrollieren.
Trotzdem scheitert die Umsetzung dieser Gesetze oft an mangelnden Ressourcen oder politischem Willen. Vor allem in kleineren Kommunen gibt es kaum Kontrollen und nur wenige funktionierende Programme.
Was machen Tierschutzorganisationen?
Ein großer Teil der Arbeit mit Straßenhunden in Italien wird von privaten Organisationen und Freiwilligen geleistet. Sie betreiben Tierheime, organisieren Kastrationsaktionen und suchen nach Adoptanten im In- und Ausland. Einige bekannte Organisationen sind:
- ENPA (Ente Nazionale Protezione Animali)
- LAV (Lega Anti Vivisezione)
- OIPA (Organizzazione Internazionale Protezione Animali)
Diese Gruppen versuchen auch, politischen Druck aufzubauen, um mehr staatliche Unterstützung zu erhalten. Zusätzlich helfen ausländische Vereine, etwa aus Deutschland, bei der Vermittlung oder Finanzierung von Futter, medizinischer Versorgung und Kastrationen.
Straßenhunde und der Tourismus
Viele Touristen sind erschüttert, wenn sie in Italien auf Straßenhunde treffen – besonders wenn sie krank oder verletzt sind. Manche wollen spontan helfen und nehmen sogar Hunde mit nach Hause. Das ist jedoch rechtlich und organisatorisch nicht ganz einfach. Hunde müssen gechippt, geimpft und mit Ausweis ausgestattet sein, bevor sie ausreisen dürfen. Wer wirklich helfen möchte, sollte sich mit einer örtlichen Tierschutzorganisation in Verbindung setzen und Hilfe koordinieren.
Was du tun kannst, wenn du in Italien einem Straßenhund begegnest
- Nicht überstürzt handeln – Straßenhunde sind oft scheu oder ängstlich. Versuche nicht, ihn sofort zu greifen.
- Futter und Wasser anbieten – So gewinnst du Vertrauen.
- Ein Foto machen und den Hund möglichst genau beschreiben (Ort, Zeit, Aussehen).
- Kontakt aufnehmen mit lokalen Tierschützern, z. B. über soziale Medien oder durch eine Suche nach Tierschutzvereinen in der Region.
- Kein Alleingang – Eine Adoption auf eigene Faust ist mit vielen rechtlichen Schritten verbunden. Lass dich lieber beraten.
Fazit
Die Situation der Straßenhunde in Italien ist komplex. Einerseits gibt es Gesetze, die Tiere schützen sollen, andererseits hapert es massiv an der Umsetzung. Tierheime sind vielerorts überfüllt, staatliche Hilfe ist oft unzureichend, und private Helfer stehen vor gewaltigen Herausforderungen. Doch es gibt auch Hoffnung: Überall engagieren sich Menschen für die Tiere, kämpfen für bessere Bedingungen und helfen, wo der Staat versagt.
Straßenhunde in Italien sind kein Randproblem, sondern ein Ausdruck gesellschaftlicher und politischer Verantwortung. Es braucht langfristige Lösungen, mehr Bildung, mehr Kastrationsprojekte und ein stärkeres Bewusstsein in der Bevölkerung.
Was denkst du?
Hast du selbst schon einmal in Italien einen Straßenhund gesehen oder sogar einem geholfen? Wie siehst du die Verantwortung des Staates – und auch von uns als Hundeliebhaber? Schreib deine Meinung und Erfahrungen gerne in die Kommentare!
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