Libyen: zwischen Wüste und Mittelmeer – und das stille Leben der Hunde
Libyen – das klingt für viele nach unendlicher Wüste, alten Kulturen und politischem Auf und Ab. Ein Land, das oft in den Schlagzeilen erscheint, aber selten aus dem Blickwinkel unserer vierbeinigen Freunde betrachtet wird. Dabei ist genau das hochinteressant: Wie leben Hunde in einem Land, das zwischen Tradition, Religion und moderner Herausforderung schwankt? In diesem Artikel bekommst du einen tiefen Einblick in die Welt der Hunde in Libyen, die Realität auf den Straßen, das Verhältnis der Menschen zu ihnen – und was das alles für die Tiere bedeutet.
Ein kurzer Überblick: Libyen, ein Land im Wandel
Libyen liegt im Norden Afrikas und grenzt ans Mittelmeer. Mit rund 1,8 Millionen Quadratkilometern ist es eines der flächenmäßig größten Länder Afrikas, aber mit knapp 7 Millionen Einwohnern relativ dünn besiedelt. Die Hauptstadt Tripolis liegt im Nordwesten und ist wirtschaftlich wie kulturell das Zentrum des Landes.
Historisch gesehen war Libyen eine wichtige Station für viele Kulturen – Phönizier, Griechen, Römer, Araber und Osmanen haben ihre Spuren hinterlassen. Seit dem Arabischen Frühling 2011 ist das Land jedoch durch politische Instabilität, bewaffnete Konflikte und wechselnde Machthaber geprägt. Diese Situation wirkt sich nicht nur auf das tägliche Leben der Menschen aus, sondern auch auf das Schicksal der Tiere – vor allem der Hunde.
Hunde im islamischen Kulturkreis – religiöse Hintergründe
Um das Verhältnis vieler Libyer zu Hunden zu verstehen, muss man einen Blick auf die religiösen Grundlagen werfen. Libyen ist ein überwiegend muslimisches Land, und im traditionellen islamischen Kontext gelten Hunde – insbesondere ihr Speichel – als „najis“ (rituell unrein). Das bedeutet nicht, dass Hunde grundsätzlich gehasst werden, aber sie haben keinen so hohen gesellschaftlichen Stellenwert wie in westlichen Ländern.
In vielen Familien gilt: Ein Hund gehört nicht ins Haus, sondern – wenn überhaupt – auf den Hof, als Wachhund. Besonders in ländlichen Gegenden werden Hunde eher als Nutztiere denn als Familienmitglieder gesehen. Das heißt aber nicht, dass keine emotionale Bindung besteht – gerade auf dem Land erzählen Menschen durchaus liebevoll von „ihrem“ Hofhund.
Straßenhunde: Alltag und Überlebenskampf
In den Städten Libyens, besonders in Tripolis, Bengasi und Misrata, gehören Straßenhunde zum Stadtbild. Diese Hunde leben auf der Straße, suchen in Mülltonnen nach Futter, kämpfen mit Krankheiten, Hitze und manchmal mit den Menschen selbst. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Rudel bilden, die sich um bestimmte Viertel oder Plätze versammeln.
Die politische Instabilität hat direkte Folgen für die Tiere: Es gibt keine funktionierenden Tierheime, keine staatliche Tierschutzstrategie, keine systematische Kastration. Straßenhunde werden oft als Problem gesehen – und leider nicht selten mit Gewalt vertrieben oder sogar getötet. In einigen Fällen kommt es zu Vergiftungen ganzer Rudel, um die „öffentliche Ordnung“ zu wahren.
Gleichzeitig gibt es auch eine andere Seite: Vor allem junge Libyerinnen und Libyer, die Zugang zu sozialen Medien haben und internationale Entwicklungen verfolgen, engagieren sich mehr und mehr für Tierschutz. Auf Plattformen wie Facebook und Instagram entstehen kleine, oft private Initiativen, die Straßenhunde versorgen, kastrieren oder versuchen, sie zu vermitteln – teilweise sogar ins Ausland.
Tierärztliche Versorgung: ein rares Gut
Die medizinische Versorgung für Tiere ist in Libyen stark eingeschränkt. Es gibt nur wenige Tierärzt:innen, die sich auf Hunde spezialisieren oder überhaupt die Möglichkeit haben, moderne tiermedizinische Behandlungen durchzuführen. Medikamente, Impfstoffe und medizinisches Zubehör sind oft schwer zu bekommen – insbesondere durch die Importbeschränkungen und die instabile Sicherheitslage.
Viele Straßenhunde leiden unter Parasiten, Hautkrankheiten, offenen Wunden oder Verletzungen durch Verkehr oder Gewalt. Tollwut ist ebenfalls ein Thema, gerade in ländlichen Regionen. Impfkampagnen sind selten und meist auf wenige Projekte beschränkt, die durch NGOs oder ausländische Hilfe ermöglicht werden.
Hunde als Haustiere: Eine neue Generation denkt um
Trotz der allgemeinen Zurückhaltung gegenüber Hunden als Haustiere gibt es auch in Libyen Familien, die Hunde halten – meistens in größeren Städten und eher in wohlhabenderen Haushalten. Dort sieht man vor allem importierte Rassen wie Deutsche Schäferhunde, Malinois oder Rottweiler, die als Wachhunde genutzt werden.
Ein kleiner, aber wachsender Teil der Bevölkerung – insbesondere jüngere Menschen mit Auslandserfahrung – beginnt, Hunde als Familienmitglieder zu sehen. Sie bauen Beziehungen zu ihren Tieren auf, lassen sie impfen, achten auf Ernährung und versuchen, ihnen ein gutes Leben zu bieten. Für viele ist das allerdings nicht einfach: Hundehalter:innen stoßen oft auf Unverständnis, manchmal sogar auf Ablehnung in ihrem Umfeld.
Hoffnung durch Engagement: kleine Initiativen mit großer Wirkung
Auch wenn es noch keine flächendeckenden Tierschutzstrukturen gibt, leisten einzelne Libyer:innen Beeindruckendes. In Bengasi gibt es zum Beispiel das private „Hope for Animals“-Projekt, das verletzte Tiere aufnimmt und behandelt – oft unter extrem schwierigen Bedingungen. Ähnliche Initiativen gibt es in Tripolis, wo Freiwillige Futter verteilen, kastrieren lassen und Adoptionen organisieren.
Diese Gruppen arbeiten meist völlig unabhängig, ohne staatliche Hilfe. Ihre größte Unterstützung kommt oft aus der Diaspora – libysche Auswanderer spenden Geld oder vermitteln Tiere nach Europa. Manche Hunde aus Libyen haben es dank solcher Aktionen bis nach Deutschland oder Kanada geschafft.
Ein Blick nach vorn: Was braucht Libyen für einen besseren Umgang mit Hunden?
Der Weg zu einem besseren Leben für Hunde in Libyen ist lang – aber nicht unmöglich. Einige wichtige Punkte wären:
- Bildung und Aufklärung: Besonders junge Menschen sollten über den artgerechten Umgang mit Hunden informiert werden – sowohl im Hinblick auf Religion als auch auf Ethik und Verantwortung.
- Tiermedizin stärken: Die Ausbildung von Tierärzt:innen und der Zugang zu Medikamenten und Impfstoffen müssen verbessert werden.
- Kastrationsprojekte fördern: Nur durch kontrollierte Vermehrung kann die Zahl der Straßenhunde langfristig reduziert werden.
- Internationale Zusammenarbeit: Tierschutzorganisationen könnten mit lokalen Gruppen zusammenarbeiten und langfristige Programme aufbauen.
- Gesetzgebung anstoßen: Der Schutz von Tieren muss auch gesetzlich verankert werden – bisher fehlt es an konkreten Regelungen.
Zwischen Herausforderung und Hoffnung
Hunde in Libyen leben oft ein hartes, unsicheres Leben. Geprägt von Misstrauen, Mangel und Gefahren, aber auch von Momenten der Fürsorge und kleinen Erfolgen. Die gesellschaftliche Haltung verändert sich langsam – getragen von Einzelpersonen, die nicht wegsehen. Es ist ein langer Weg, aber einer, der möglich ist.
Was denkst du über die Situation der Hunde in Libyen?
Hast du selbst schon Erfahrungen mit Tierschutz in anderen Ländern gemacht? Schreib gern in die Kommentare – ich bin gespannt auf deine Meinung!