Nepal: Zwischen Himalaya und Hunden
Nepal – das klingt nach majestätischen Bergen, tief verwurzeltem Buddhismus und einer einzigartigen Kultur, die Besucher aus aller Welt in ihren Bann zieht. Doch abseits von Tempeln, Trekkingrouten und Yaks gibt es in dem kleinen Himalaya-Staat ein Thema, das oft übersehen wird: die Straßenhunde. Während du vielleicht an schneebedeckte Gipfel denkst, wenn du Nepal hörst, sind streunende Hunde dort ein ganz alltäglicher Anblick. In diesem Artikel erfährst du nicht nur Grundlegendes über Nepal, sondern auch, wie das Land mit seinen Hunden – insbesondere den vielen herrenlosen – umgeht.
Nepal in Kürze – Natur, Kultur und Herausforderungen
Nepal liegt eingebettet zwischen zwei Riesen: Indien im Süden und China im Norden. Das Land ist bekannt für seine dramatischen Höhenunterschiede – vom subtropischen Tiefland bis zum höchsten Punkt der Erde, dem Mount Everest (8.848 m). Etwa 30 Millionen Menschen leben hier, viele von ihnen in ländlichen Gebieten und unter relativ einfachen Bedingungen.
Obwohl Nepal als eines der ärmsten Länder Asiens gilt, hat es eine reiche kulturelle und religiöse Geschichte. Der Buddhismus und der Hinduismus prägen das Leben der Menschen. Tiere haben in beiden Religionen eine wichtige Rolle – und genau das wirkt sich auch auf den Umgang mit Hunden aus.
Hunde in der nepalesischen Gesellschaft
In der nepalesischen Kultur gibt es eine besondere Beziehung zu Tieren. Hunde gelten als heilige Wesen, die mit dem Gott Bhairab, einer wilden Form Shivas, in Verbindung stehen. Das zeigt sich besonders deutlich während des Tihar-Festes – dem sogenannten „Lichterfest“, das jedes Jahr im Oktober oder November gefeiert wird.
Am zweiten Tag des Tihars, dem Kukur Tihar, stehen Hunde im Mittelpunkt. Sie werden mit Blumengirlanden geschmückt, mit Tika (einem roten Punkt auf der Stirn) gesegnet und erhalten leckeres Futter. Dabei ist es egal, ob es sich um einen Familienhund oder einen Straßenhund handelt – an diesem Tag werden alle Hunde für ihre Treue und ihren Schutz gefeiert.
Diese Wertschätzung steht allerdings in starkem Kontrast zur Realität, die viele Hunde in Nepal täglich erleben.
Das Straßenhunde-Problem: Zahlreich, hungrig, krank
Wenn du durch Städte wie Kathmandu, Pokhara oder kleinere Orte in Nepal läufst, wirst du schnell feststellen: Hunde sind allgegenwärtig. Laut Schätzungen gibt es allein in Kathmandu über 20.000 streunende Hunde – und das bei einer Einwohnerzahl von knapp 1,5 Millionen. Landesweit dürften es Hunderttausende sein.
Diese Hunde leben oft unter schwierigen Bedingungen. Viele sind unterernährt, leiden an Krankheiten wie Räude, Wurmbefall oder Parvovirose, und haben Verletzungen, die nie behandelt wurden. Einige sind scheu, andere zutraulich – aber alle leben in Unsicherheit. Sie suchen Müllhalden nach Fressbarem ab, kämpfen mit Verkehr, Wetter und manchmal auch mit Menschen, die Angst vor ihnen haben oder sie als Plage empfinden.
Ursachen: Warum gibt es so viele Straßenhunde?
Die Gründe für die hohe Zahl streunender Hunde in Nepal sind vielfältig:
Mangelnde Kastration
Tierärztliche Versorgung ist außerhalb der großen Städte oft nicht vorhanden oder für viele Menschen unerschwinglich. Hunde vermehren sich unkontrolliert – ein einziges unkastriertes Paar kann innerhalb weniger Jahre für hunderte Nachkommen sorgen.
Wegwerfmentalität
Manche Familien halten sich Hunde, kümmern sich aber nicht dauerhaft um sie. Wenn der Hund krank wird oder trächtig ist, wird er oft einfach ausgesetzt.
Unzureichende Abfallwirtschaft
Offene Müllplätze ziehen streunende Tiere an. Wo Futterquellen bestehen, wächst die Population.
Fehlende staatliche Kontrolle
Nepals Regierung hat bisher nur begrenzt Maßnahmen gegen das Straßenhundewachstum ergriffen. Es fehlt an Ressourcen, politischem Willen und Infrastruktur für eine flächendeckende Kontrolle.
Tierschutzorganisationen – Hoffnung für Nepals Hunde
Trotz der schwierigen Lage gibt es Lichtblicke. Zahlreiche lokale und internationale Organisationen setzen sich für das Wohl der Hunde ein. Hier sind einige der bekanntesten:
KAT Centre (Kathmandu Animal Treatment Centre)
Diese NGO in Kathmandu hat es sich zur Aufgabe gemacht, durch Kastrationen, Impfungen und Aufklärungsarbeit die Zahl der Straßenhunde tierschutzgerecht zu reduzieren. Seit ihrer Gründung 2004 haben sie Tausende Hunde sterilisiert und geimpft.
Street Dog Care
Eine weitere Organisation, die in Boudhanath, einem Stadtteil von Kathmandu, tätig ist. Sie kümmern sich speziell um kranke, verletzte und misshandelte Straßenhunde.
Animal Nepal
Diese Organisation betreibt Tierkliniken und setzt sich für tierfreundliche Gesetze in Nepal ein. Auch Esel, Ziegen und Kühe stehen auf ihrer Agenda – aber Hunde nehmen einen großen Teil ihrer Arbeit ein.
Solche Initiativen sorgen nicht nur für konkrete Hilfe, sondern schaffen auch ein Bewusstsein in der Bevölkerung. Besonders junge Menschen und Touristen tragen oft dazu bei, dass sich der Umgang mit Tieren in Nepal langsam verändert.
Tierliebe vs. Realität – Ein ambivalentes Verhältnis
Obwohl Hunde während Kukur Tihar gefeiert werden, bleibt ihr Alltag oft hart. Viele Nepalesen haben Angst vor Straßenhunden – nicht ganz unbegründet, denn es kommt immer wieder zu Bissverletzungen und Tollwutinfektionen. Nepal gehört zu den Ländern mit der höchsten Tollwutrate weltweit, vor allem, weil Impfkampagnen oft lückenhaft sind.
Gleichzeitig gibt es auch viele Menschen, die sich liebevoll um Hunde kümmern – sei es, indem sie streunenden Tieren täglich Futter geben, verletzte Hunde zum Tierarzt bringen oder sich ehrenamtlich bei Tierschutzprojekten engagieren. In Klöstern leben oft Mönche mit ihren Hunden, und auch bei Trekkingtouren schließen sich streunende Hunde Wandergruppen an und begleiten sie über viele Kilometer – ein Anblick, der bei Touristen bleibende Eindrücke hinterlässt.
Touristen und Hunde – eine besondere Verbindung
Wer nach Nepal reist, wird fast unweigerlich mit Straßenhunden in Berührung kommen. Viele Reisende entwickeln während ihrer Zeit eine Beziehung zu bestimmten Tieren – besonders in Orten wie Pokhara, wo sich Hunde an Cafés und Hostels aufhalten. Es ist keine Seltenheit, dass Touristen verletzte Hunde zur Behandlung bringen oder Patenschaften übernehmen.
Einige wenige adoptieren sogar einen Hund und bringen ihn mit zurück in ihr Heimatland – ein logistischer, finanzieller und emotionaler Kraftakt, aber für viele die Mühe wert.
Was wird in Zukunft aus Nepals Hunden?
Die Lösung des Straßenhundeproblems ist keine einfache Aufgabe. Aber es gibt positive Entwicklungen: Immer mehr Menschen in Nepal sehen Hunde nicht mehr nur als Nutztiere oder Plage, sondern als fühlende Wesen mit Bedürfnissen und Rechten. Bildung, Aufklärung und gezielte Maßnahmen wie Kastrationskampagnen sind der Schlüssel.
Internationale Unterstützung, Tourismus und die Arbeit von NGOs haben bereits viel bewirkt – aber der Weg ist noch lang. Es bleibt zu hoffen, dass mit wachsendem Bewusstsein auch der politische Wille steigt, nachhaltig zu handeln.
Zwischen Spiritualität und Straßengraben
Nepal ist ein Land der Gegensätze – nicht nur landschaftlich, sondern auch im Umgang mit Hunden. Einerseits spirituelle Verehrung, andererseits massenhaftes Leid. Aber genau diese Ambivalenz macht das Thema so spannend und wichtig. Wenn du dich für Hunde interessierst, lohnt es sich, einen Blick über den Tellerrand zu werfen – denn ihre Geschichten, auch in Ländern wie Nepal, zeigen uns viel über Menschlichkeit, Verantwortung und Hoffnung.
Wie siehst du das?
Hast du selbst schon Erfahrungen mit Straßenhunden im Ausland gemacht – vielleicht sogar in Nepal? Teile deine Gedanken und Erlebnisse gern in den Kommentaren!