Nigeria: Ein Blick auf den Umgang mit Hunden zwischen Tradition und Moderne
Wenn du an Nigeria denkst, kommen dir wahrscheinlich zuerst bunte Stoffe, Afrobeat, Ölreichtum oder vielleicht der berühmte Nollywood-Film in den Sinn. Aber Nigeria ist mehr als nur Wirtschaft und Kultur – es ist auch ein Land mit einem komplexen Verhältnis zu Tieren, insbesondere Hunden. In diesem Artikel bekommst du einen tiefen Einblick in das westafrikanische Land Nigeria und wie dort mit Hunden umgegangen wird – von der Haltung als Wachhund über den Alltag als Straßenhund bis hin zu traditionellen Überzeugungen.
Nigeria auf einen Blick: Das Land, die Menschen, die Vielfalt
Nigeria liegt im Westen Afrikas und ist mit über 220 Millionen Einwohnern das bevölkerungsreichste Land des Kontinents. Es grenzt an Benin, Niger, Tschad und Kamerun sowie an den Atlantik im Süden. Die Hauptstadt Abuja ist politisches Zentrum, während Lagos als wirtschaftliche Metropole gilt. Das Land ist reich an Kulturen, Sprachen (über 500!), Religionen und Traditionen. Die beiden größten religiösen Gruppen sind Christen im Süden und Muslime im Norden.
Die wirtschaftlichen Gegensätze sind enorm: Während manche Regionen hochtechnologisiert sind, lebt ein Großteil der Bevölkerung in ländlichen Gebieten ohne gesicherten Zugang zu Wasser, Strom oder tierärztlicher Versorgung. Diese Ungleichheit spielt auch eine große Rolle im Leben von Hunden – je nachdem, ob du in einem städtischen Viertel von Lagos oder einem abgelegenen Dorf im Bundesstaat Kano unterwegs bist, sieht das Hundeleben völlig anders aus.
Hunde in Nigeria – nützlich, spirituell, ungeliebt?
Hunde in Nigeria erfüllen verschiedene Rollen. In vielen Haushalten werden sie als Wachhunde gehalten, besonders in Gegenden mit erhöhter Kriminalität. Ihre Aufgabe ist klar: bewachen, abschrecken, schützen. Oft fristen sie dabei ein Leben an der Kette, bekommen Essensreste, wenig Zuwendung und kaum medizinische Versorgung.
Die Vorstellung vom „besten Freund des Menschen“, wie sie in westlichen Ländern verbreitet ist, trifft in Nigeria nicht immer zu. Hunde gelten hier oft nicht als Familienmitglieder, sondern als Nutztiere – ähnlich wie Ziegen oder Hühner. Gleichzeitig gibt es in manchen Regionen spirituelle und kulturelle Überzeugungen, die Hunde entweder verehren oder ablehnen.
In der Yoruba-Kultur beispielsweise (eine der größten Ethnien im Südwesten des Landes) kommen Hunde auch in Mythen und Ritualen vor – teils positiv, teils negativ. In anderen Gegenden wiederum gibt es Berührungsängste, etwa aus religiösen Gründen: Im Islam, der im Norden Nigerias dominiert, gelten Hunde oft als unrein, was sich auf ihren sozialen Status auswirkt.
Straßenhunde: Ein verbreitetes Bild in nigerianischen Städten
Straßenhunde gehören in Nigeria zum Alltag. Besonders in großen Städten wie Lagos, Port Harcourt oder Ibadan sieht man sie an jeder Straßenecke. Diese Hunde leben unabhängig vom Menschen, ernähren sich von Abfällen und sind häufig krank oder verletzt. Tollwut ist ein großes Problem: Laut WHO zählt Nigeria zu den Ländern mit den höchsten Tollwutfällen weltweit, sowohl bei Tieren als auch beim Menschen. Die Ursache liegt unter anderem in der unzureichenden Impfabdeckung bei Haustieren und dem engen Kontakt zwischen Straßenhunden und Menschen.
Tierschutzorganisationen bemühen sich zwar, Kastrations- und Impfprogramme durchzuführen, doch angesichts der schieren Menge an Hunden und begrenzter Ressourcen ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Dazu kommt, dass das Bewusstsein für Tierschutz in der Bevölkerung noch schwach ausgeprägt ist. Viele Menschen sehen Straßenhunde nicht als Lebewesen mit Bedürfnissen, sondern als lästige Plage oder potenzielle Gefahr.
Hundehaltung in Haushalten – ein Wandel in Sicht?
Trotz aller Herausforderungen entwickelt sich in Nigeria langsam eine neue Einstellung gegenüber Haustieren. Vor allem in der wachsenden Mittelschicht großer Städte werden Hunde zunehmend als Begleiter gehalten. Es entstehen Tierkliniken, Hundesalons und sogar Hunde-Resorts – ein deutliches Zeichen, dass sich das Bild des Hundes in bestimmten Teilen der Gesellschaft verändert.
Soziale Medien tragen ebenfalls dazu bei: Nigerianische Influencer und Promis zeigen sich mit ihren gepflegten Hunden, posten Fotos aus dem Hundepark oder sprechen sich öffentlich gegen Tierquälerei aus. Auch westliche Trends wie Adoption statt Kauf oder das Barfen (biologisch artgerechtes Rohfutter) finden langsam ihren Weg nach Nigeria.
Diese Entwicklung ist jedoch stark urban geprägt und erreicht bisher kaum die ländlichen Regionen, in denen Armut und fehlende Infrastruktur dominieren. Dort bleibt der Hund vor allem eines: ein funktionales Tier mit Aufgabe.
Gesetzliche Lage – Gibt es überhaupt Tierschutz?
Nigeria hat in der Theorie Tierschutzgesetze. Das „Animal Diseases (Control) Act“ und das „Cruelty to Animals Act“ sehen Strafen für Tierquälerei und unsachgemäße Haltung vor. In der Praxis sind diese Gesetze aber kaum durchsetzbar. Es fehlt an Kontrolle, Personal und öffentlichem Druck. Viele Menschen wissen nicht einmal, dass es solche Gesetze gibt.
Erst in den letzten Jahren haben NGOs wie die „Nigeria SPCA“ oder „Paw Patrol Nigeria“ begonnen, gezielt Aufklärung zu betreiben, Straßentiere zu kastrieren und zu impfen sowie Schulprojekte zum Thema Tierschutz zu organisieren. Ihr Einfluss wächst, bleibt aber beschränkt auf Ballungsräume.
Hunde als Nahrung – ein Tabu oder Realität?
Ein sehr kontroverses Thema, das nicht verschwiegen werden darf: In einigen Regionen Nigerias wird Hundefleisch konsumiert. Besonders im Südosten (z. B. in Calabar oder Teilen von Abia) gibt es Märkte, auf denen Hundefleisch offen verkauft wird. Der Verzehr ist kulturell bedingt, viele Menschen glauben, es habe medizinische oder stärkende Wirkung.
Allerdings ist der Konsum von Hundefleisch stark umstritten und nimmt ab – nicht nur wegen wachsender Kritik aus dem Ausland, sondern auch durch den kulturellen Wandel in städtischen Gegenden. Es gibt erste kommunale Verbote und Diskussionen über ethische Alternativen.
Zwischen Respekt, Funktion und Wandel
Das Leben von Hunden in Nigeria ist geprägt von Gegensätzen. Während einige Hunde in klimatisierten Wohnzimmern leben und regelmäßig zum Tierarzt gehen, kämpfen andere täglich auf der Straße ums Überleben. Die Unterschiede zwischen Stadt und Land, Arm und Reich, Tradition und Moderne sind enorm – und spiegeln sich im Umgang mit Tieren deutlich wider.
Doch trotz aller Herausforderungen tut sich etwas. Es gibt Bewegungen, Organisationen und Menschen, die sich für das Wohl der Hunde einsetzen. Der Blick auf Nigeria zeigt, wie stark Kultur, Religion, Wirtschaft und Bildung das Leben von Tieren beeinflussen – und wie wichtig Aufklärung, Empathie und nachhaltige Programme sind, um Veränderungen zu bewirken.
Was denkst du über den Umgang mit Hunden in Nigeria?
Findest du die kulturellen Unterschiede verständlich oder eher erschreckend? Lass es uns in den Kommentaren wissen!