Tadschikistan und sein Umgang mit Hunden
Tadschikistan – ein Land, das auf den ersten Blick vielleicht nicht sofort auf deiner Reiseliste steht, dabei aber unglaublich faszinierend ist. Eingebettet zwischen den mächtigen Gebirgsketten des Pamir und von den Spuren alter Handelsrouten durchzogen, hat dieses zentralasiatische Land einiges zu bieten: spektakuläre Landschaften, eine tiefe kulturelle Geschichte – und eine komplizierte Beziehung zum besten Freund des Menschen. In diesem Artikel bekommst du nicht nur einen Überblick über das Land selbst, sondern erfährst auch, wie dort mit Hunden gelebt (oder eben nicht gelebt) wird – auf den Straßen, in den Dörfern und in den Herzen der Menschen.
Tadschikistan – ein kurzer Überblick
Tadschikistan liegt in Zentralasien und grenzt an Afghanistan, China, Kirgisistan und Usbekistan. Das Land hat rund 10 Millionen Einwohner und ist geprägt von einer dramatischen Berglandschaft – über 90 % des Staatsgebiets sind Gebirge. Vor allem der Pamir, auch "Dach der Welt" genannt, prägt das Land geografisch wie kulturell. Tadschikistan war früher Teil der Sowjetunion und wurde 1991 unabhängig. Seitdem kämpft es mit wirtschaftlichen Herausforderungen, politischen Spannungen und einer stark eingeschränkten Infrastruktur.
Die Bevölkerung ist überwiegend muslimisch geprägt, genauer gesagt sunnitisch, wobei sich auch viele alte Traditionen aus vorislamischer Zeit gehalten haben. Die Landwirtschaft, insbesondere Viehzucht, ist in vielen Regionen die Lebensgrundlage. Und genau hier beginnt auch die Geschichte des Hundes in Tadschikistan – nicht als Haustier, sondern als Nutztier.
Hunde in Tadschikistan: Freunde, Wächter oder Streuner?
In Tadschikistan haben Hunde nicht denselben Stellenwert wie in vielen westlichen Ländern. Während sie bei uns oft als Familienmitglieder gelten, sieht man sie dort in erster Linie als Nutztiere – wenn überhaupt. Vor allem in ländlichen Regionen dienen Hunde traditionell als Wachhunde oder Herdenschutzhunde. Besonders beliebt (oder besser gesagt: verbreitet) sind große, robuste Rassen wie der Zentralasiatische Owtscharka, auch Alabai genannt. Diese Hunde sind für ihre Stärke und Unabhängigkeit bekannt und werden vor allem zum Schutz von Viehherden vor Wölfen oder Dieben eingesetzt.
In den Städten – etwa in der Hauptstadt Duschanbe – sieht das Bild ganz anders aus: Hier begegnet man Hunden oft als Straßenhunden. Die Haltung von Hunden als Haustiere ist selten und wird nicht immer positiv wahrgenommen. Viele Menschen verbinden Hunde mit Schmutz, Krankheiten oder sogar spiritueller Unreinheit – eine Sichtweise, die sich aus einer Kombination von kulturellen, religiösen und hygienischen Vorstellungen speist.
Straßenhunde: Ein ungelöstes Problem
Tatsächlich gibt es in Tadschikistan ein großes Problem mit Straßenhunden. In Städten wie Duschanbe oder Chudschand streunen viele Hunde durch die Straßen, auf der Suche nach Futter oder einem Unterschlupf. Diese Tiere sind oft unterernährt, krank und scheu. Menschliche Zuwendung kennen sie kaum. Sie sind Überbleibsel ungelöster Probleme: fehlender Kastrationsprogramme, Armut, mangelnder Aufklärung und fehlender gesetzlicher Rahmen.
In Tadschikistan gibt es kaum Tierschutzgesetze, die speziell den Umgang mit Hunden regeln. Es gibt keine staatlich organisierten Tierheime oder verpflichtende Kastrationen. Das hat zur Folge, dass sich die Hundepopulation unkontrolliert vermehrt – besonders in urbanen Randgebieten und auf Müllhalden. Die Reaktion der Behörden ist oft drastisch: Vergiftungen, Erschießungen oder Einfangaktionen, die selten tiergerecht ablaufen.
Tierschutz vor Ort – kleine Initiativen mit großem Herzen
Trotz der schwierigen Lage gibt es auch hoffnungsvolle Lichtblicke. In den letzten Jahren sind in Tadschikistan einige kleine, oft privat finanzierte Tierschutzinitiativen entstanden. Besonders in Duschanbe bemühen sich engagierte Einzelpersonen oder kleine Gruppen darum, Straßenhunde medizinisch zu versorgen, zu kastrieren oder in Pflegefamilien zu vermitteln – auch wenn das oft ein Tropfen auf den heißen Stein ist.
Ein Beispiel ist das Projekt „Animals of Dushanbe“, das sich über soziale Medien organisiert und Spenden sammelt. Freiwillige kümmern sich um verletzte Hunde, bringen sie zum Tierarzt (wenn sie das Geld dafür aufbringen können) oder versuchen, sie zur Adoption freizugeben – nicht selten ins Ausland. Aber: Ohne Unterstützung durch Politik oder größere Organisationen bleibt die Wirkung dieser Projekte begrenzt.
Gesellschaftliche Sicht auf Hunde: Zwischen Ablehnung und wachsender Empathie
Die Haltung gegenüber Hunden verändert sich langsam, vor allem bei der jüngeren, urbaneren Bevölkerung. Es gibt mittlerweile einige Tierarztpraxen in Duschanbe, und vereinzelt halten sich Menschen kleine Hunde als Haustiere. Doch der Großteil der Bevölkerung bleibt skeptisch oder gleichgültig. Wer sich öffentlich zu sehr für Hunde einsetzt, muss mit Spott oder sogar Anfeindungen rechnen.
Hunde gelten im islamischen Kontext in vielen Auslegungen als unrein – das ist in Tadschikistan tief verwurzelt. Das bedeutet jedoch nicht, dass es gar kein Mitgefühl gibt. Viele Menschen sind sich des Leids der Straßenhunde bewusst, aber ihnen fehlt das Wissen, die Mittel oder einfach die Zeit, sich aktiv zu engagieren. Armut und andere soziale Probleme dominieren den Alltag – da bleibt für Tierschutz oft kein Raum.
Was tun internationale Organisationen?
Internationale Tierschutzorganisationen sind in Tadschikistan bisher kaum aktiv. Der Fokus vieler NGOs liegt eher auf Ländern mit stärkerer Infrastruktur oder auf Regionen, in denen politische Zusammenarbeit einfacher ist. Tadschikistan gilt als schwieriges Einsatzgebiet – nicht nur wegen der Sprache und Logistik, sondern auch aufgrund politischer Hürden.
Einige wenige Partnerschaften mit Organisationen aus Russland oder Europa bestehen, meist auf informeller Basis. Auch hier geht es oft um Einzeltiere, die adoptiert und ausgeflogen werden – systemischer Wandel ist aber noch nicht in Sicht.
Zwischen Bewahrung und Neubeginn
Tadschikistan ist ein Land voller Kontraste – kulturell, geografisch und gesellschaftlich. Der Umgang mit Hunden spiegelt diese Gegensätze wider. Während in den Bergen robuste Herdenschutzhunde geschätzt werden, fristen in den Städten zahllose Straßenhunde ein Leben voller Entbehrung.
Es ist schwer, pauschal zu sagen, ob sich die Situation verbessern wird. Der gesellschaftliche Wandel beginnt langsam, und es braucht viel Geduld, Aufklärung und Engagement – lokal wie international. Aber vielleicht ist gerade dieses Engagement der erste Schritt: das Sichtbarmachen, das Hinsehen, das Erzählen von Geschichten.
Und du?
Warst du schon einmal in Tadschikistan oder einem anderen zentralasiatischen Land? Wie siehst du den Umgang mit Hunden dort – und was denkst du, müsste sich ändern? Teile deine Gedanken gern in den Kommentaren!